(sl). Der
„Red Hand Day“, der Internationale Tag gegen den Einsatz von Kindersoldaten, wird heute, am 12. Februar 2014, weltweit begangen. An diesem Gedenktag soll die
Aufmerksamkeit auf das Schicksal tausender Kinder gelenkt werden, die zum
Kampfeinsatz in Kriegen und bewaffneten Konflikten gezwungen werden, was ein
besonders schwerer Fall des Kindesmissbrauchs darstellt.
Als der
Krieg zu ihm kam, lebte Ishmael Beah in einem kleinen Dorf in Sierra Leone. Nun
erzählt er in „Rückkehr ins Leben – Ich war Kindersoldat“ wie dieser
Bürgerkrieg ihn in nur wenigen Stunden um seine Kindheit gebracht hat. Eine
ergreifende Autobiografie, die symbolisch für alle Bürgerkriege dieser Welt steht
und das damit verbundene Elend insbesondere für die Kinder deutlich macht.
Rückkehr ins Leben
Ich war Kindersoldat
(mkb). Man
nennt es das „blutige Afrika“: Reportagen über Somalia, Uganda, Tschad und auch
Sierra Leone bestürzen wiederholt die vergleichsweise heile Welt Europas. Die
Berichte erzählen von Kriegen, die jährlich Tausenden den Tod und Elend
bringen, Kinder von Eltern trennen, und eine Fluchtwelle in Bewegung setzen,
die über weite Teile Afrikas rollt. Auch häufen sich Artikel, in denen über
Kindersoldaten berichtet wird – und die Autobiografie von Ishmael Beah „Rückkehr
ins Leben – Ich war Kindersoldat“ macht deutlich, dass sie alle nur ansatzweise
wiedergeben können, was für Auswüchse ein Bürgerkrieg annehmen kann.
„Als ich das erste Mal mit dem Krieg in
Berührung kam, war ich zwölf Jahre alt.“
Wenn überhaupt, begegnen wir im Westen dem Krieg in den Schlagzeilen,
blättern nicht selten erschrocken weiter, weil wir die hässlichen Details aus
der kriegerischen Front nicht ertragen können. Der zwölfjährige Ishmael Beah
wurde in einem Dorf in Sierra Leone geboren, zitierte leidenschaftlich
Shakespeare, tanzte mit seinen Freunden HipHop, kickte Fußball und konnte nicht
wegschauen, als der Krieg eines Tages zu ihm kam.
Am Anfang
des Buches, aus dem Englischen von Conny Lösch übersetzt, steht jedoch nicht
der Krieg, sondern der Alltag eines ganz normalen Teenagers mit Ängsten und
Träumen; einem Teenager, der sich kaum von den anderen Teenagern dieser Welt
unterscheidet. Seine größte Sorge ist, ob seine Familie bald wieder seinen
Schulbesuch finanzieren kann, und er wünscht sich, dass seine Eltern wieder
zusammenfinden. Probleme, die bald nebensächlich werden. In nur wenigen Stunden
bringen ihm in sein Dorf einfallende Rebellen das Fürchten bei, und als er
schließlich miterleben muss, wie seine ganze Familie ermordet wird, bricht gleichzeitig
seine Welt zusammen. Nach einer langen Flucht sucht er in einem Regierungscamp
Schutz vor den Rebellen und wird schließlich als Kindersoldat an die Front
geschickt.
Über 100
Seiten lang nimmt sich der Autor Zeit, bevor er von seinem Dasein als Kindersoldat
erzählt – und ab dann prasseln schreckliche Einzelheiten auf den Leser ein.
Statt Spielsachen und Schulbücher werden die Kinder mit Schusswaffen
ausgestattet, statt Märchen schauen sie Rambofilme, müssen bei Exekutionen
zuschauen, bis sie abgestumpft sind und an die Front geschickt werden können.
Nach und nach verlöscht alles Kindliche in den Jungen und ihr verspieltes
Denken ist von hässlichen Parolen aggressiv gewaschen worden, ein Bewusstsein
aufgrund der an sie verabreichten Drogen kaum mehr vorhanden. Ishmael Beah
erzählt davon wie er im Kommandanten die Vaterfigur gesucht, in den Mitkämpfern
seine Geschwister gesehen und das Gefüge seiner Truppe die Familie ersetzt hat;
er erzählt von allen Kindersoldaten dieser Welt, die das Kriegsgemetzel mit
Geborgenheit verwechseln.
Der
selbstlose Einsatz der „Unicef“ hat Ishmael und vielen anderen ein neues Leben
geschenkt, in dem sie keine Drogen mehr brauchen, um emotional überleben zu
können. Auch wenn Ishmael nie mehr unbeschwert Kind sein kann und sich mit
einem neu geweckten Bewusstsein den eigenen Gräueltaten stellen muss, so kann
er wenigstens wieder Träume aufgreifen und friedlich auf jene zustreben – und
einer seiner Träume ist es, dass die Welt lernt zu vergeben, damit das Morden
endlich ein Ende findet.
„Rückkehr
ins Leben“ ist eine ergreifende Biografie, die symbolisch für alle Bürgerkriege
dieser Welt steht und das damit verbundene Elend für die Kinder deutlich macht.
Ein wichtiges Buch, das demonstriert, dass ein Krieg nie als Mittel zum
Durchsetzen der eigenen Interessen eingesetzt werden sollte und auch im
übertragenen Sinn die Waffenindustrie und ihre Mittelsmänner ins Rampenlicht
rückt, die an jeder Explosion und an jedem todbringenden Schuss skrupellos
mitverdienen.
© Michèle Kirner-Bernoulli von Literaturtipp.com
Ishmael
Beah
Rückkehr ins Leben
Ich war
Kindersoldat
Aus dem
Englischen von Conny Lösch
Piper Verlag,
München
ISBN 978-3-492-25230-0
1. Auflage
2008, 276 Seiten, Taschenbuch.
Unverbindliche
Preisangabe: € 9,95 (D) / € 10,30 (A) / sFr 14,90
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