Freitag, 6. Dezember 2013

Literaturtipp zum Tod von Nelson Mandela

Nelson Mandela
Ein Leben für Freiheit und Versöhnung

Autor Jack Lang strukturiert „Nelson Mandela – Ein Leben für Freiheit und Versöhnung“ in fünf Akten nach großen Figuren europäischer Dramen, Geschichte und Mythologie. Zunächst mag der Ansatz, das Leben Mandelas in die Kapitel „Antigone“, „Spartakus“, „Prometheus“, „Prospero“ und schließlich „König Nelson“ aufzugliedern, befremdlich anmuten. Doch im Verlauf der Lektüre erweisen sich diese Analogien als treffende Kategorien für die verschiedenen Lebensabschnitte in der Biographie Nelson Mandelas.

Antigone als Symbol für die Auflehnung gegen staatliche Willkür, für den Kampf gegen die Ungerechtigkeiten politischen Terrors steht am Beginn von „Nelson Mandela“, wenn der Widerstand der farbigen Bevölkerung unter Mandelas Führung gegen das rassistische Regime der südafrikanischen Regierung einsetzt. Folgerichtig steht Spartakus, der Anführer des Sklavenaufstands gegen Rom im ersten Jahrhundert vor Christus, Pate für den nächsten Abschnitt in der Geschichte des Kampfes gegen die Apartheid. Nelson Mandela ist nun bereits der charismatische und willensstarke Kämpfer gegen ein scheinbar übermächtiges wie unmenschliches Regime, der dann im dritten Akt, „Prometheus“, den Unterdrückten das Feuer bringt, Sinnbild für den aufflammenden Widerstand wie für das Licht der Erkenntnis. Im vierten Akt von „Nelson Mandela“ fungiert Shakespeares Prospero als Bürge, der verantwortungsvolle Fürst, der seine Macht zum Nutzen seines Volkes nutzt. Das Finale im fünften Akt schließlich, „König Nelson“, ist dem Triumph Nelson Mandelas gewidmet, seiner Wahl zum ersten farbigen Präsidenten Südafrikas.

Die Verweise auf große Gestalten der Literatur und Geschichte sind in Jack Langs Biographie keineswegs Selbstzweck, sondern vermögen tatsächlich, Nelson Mandelas Leben zu illustrieren. Schnell wird dem Leser von „Nelson Mandela“ klar, dass sich hier ein Prinzip offenbart, das die aussagekräftigen Paten in eindeutige Beziehung zum Leben Nelson Mandelas setzen kann – die Analogien zu Antigone, Spartakus, Prometheus und Prospero sind geschickt gewählt, ist diesen Figuren doch der unnachgiebige Kampf gegen Unterdrückung, Ungerechtigkeit und Unfreiheit zu eigen.

„Nelson Mandela“, aus dem Französischen übersetzt von Ingrid Hacker-Klier und mit Schwarzweiß-Fotografien illustriert, ist eine beeindruckende Biographie. Beeindruckend primär aufgrund des hier geschilderten Lebens, eines Lebens, das gegen alle Widrigkeiten der Auflehnung gegen rassistische Willkür gewidmet ist. Das Buch ist eine rundum empfehlenswerte Biographie: Fesselnd geschrieben, dabei aber durchaus sachlich, nicht unkritisch, illustriert mit Fotos und abrundend ergänzt durch drei Reden Mandelas sowie ein Verzeichnis mit weiterführender Literatur und einem Vorwort von Nadine Gordimer.

Jack Lang schreibt in leichter, gut lesbarer Weise über einen Mann, der schon zu Lebzeiten ein Mythos geworden ist. Angesichts allein der Tatsache, dass Nelson Mandela 27 Jahre inhaftiert war, scheinen Superlative, denen gegenüber eigentlich immer Skepsis angeraten ist, durchaus legitim. Nicht nur die präzise, aber nicht zu detailverliebte Schilderung Jack Langs, auch nicht nur die aus Literatur und Geschichte gezogenen, bereichernden Analogien offenbaren die Qualität von „Nelson Mandela. Ein Leben für Freiheit und Versöhnung“, sondern gerade seine ungebrochene Aktualität. Die sagenhaften Paten könnten ohne weiteres ausgetauscht werden gegen historische Figuren wie beispielsweise Sokrates, W. Raleigh oder A. Solschenizyn – Nelson Mandela ist in diese Reihe zu Unrecht verfolgter Menschen einzuordnen, als Sinnbild für die Hoffnung.


Jack Lang
Nelson Mandela
Ein Leben für Freiheit und Versöhnung
Aus dem Französischen von Ingrid Hacker-Klier
Artemis & Winkler Verlag, Düsseldorf
ISBN 3-538-07222-1
1. Auflage 2006, 230 Seiten, mit 11 s/w-Fotos, Hardcover gebunden mit Schutzumschlag, Format 13 x 20,5 cm.
Preis: € 19,90 (D) / € 20,50 (A) / sFr 34,90



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